"HOAMAT BEGEGNEN" Teil 3

"Begegnungsstätte" Heimatmuseum

Auch wenn "virusbedingt" bis auf Weiteres keine Öffnungstage in unserem Museum möglich sind, möchte ich Sie ein wenig neugierig machen auf einen Besuch im Wolfschneiderhof, sobald dies wieder angeboten werden kann.

Bis dahin
herzliche Grüße

Michael Müller
Gemeindeheimatpfleger

 

Schon wenn man durch das "Tür´l" im Holzzaun das Anwesen "Zum Wolfeschneider" betritt, fühlt man sich um gut 200 Jahre zurück versetzt in die Zeit, in der das bescheidene Bauernhaus zum ersten Mal errichtet wurde.

Zum ersten Mal? Ja, denn als 1983 die Gemeinde den Bauernhof erwarb, befand sich das Gebäude in einem dringend sanierungsbedürftigen Zustand, so dass es mit großem Aufwand und unter Einsatz erheblicher finanzieller Mittel entkernt und nach Originalvorlagen wieder hergestellt wurde.

Es handelt sich hierbei um einen typischen oberbayerischen Einfirsthof und eines der wenigen original erhaltenen historischen Bauernanwesen Taufkirchens, von denen es bis in die 1960er Jahre noch über 30 an der Zahl gab.

     

Der ehemalige Gemeindeheimatpfleger, Ernst Kistler, hatte eine besondere Leidenschaft: er sammelte althergebrachte haus- und landwirtschaftliche Gerätschaften, um sie vor dem "Sperrmüll" zu retten und nachkommenden Generationen noch zeigen zu können. Auf seine Initiative erwarb die Gemeinde nach dem Tod der letzten Bewohnerin, Anna Seidel, das Anwesen und schuf dort ein "Heimathaus" und ein "Heimatmuseum". Unterstützt wurde er bei dieser gewaltigen Herausforderung vom damaligen Ersten Bürgermeister,
Dr. Walter Riedle.

1985 wurde das Heimatmuseum eröffnet. Ebenfalls auf Initiative von Ernst Kistler wurde 1986 der "Förderverein Freunde des Wolfschneiderhofes in Taufkirchen e.V." gegründet, der sich bis heute mit beeindruckendem ehrenamtlichen Engagement um den Erhalt des Bauernanwesens und das Heimatmuseum kümmert. Mit zahlreichen Veranstaltungen füllen die "Freunde des Wolfschneiderhofes" das Heimathaus im Lauf des Jahres immer wieder mit Leben.

In den Räumlichkeiten, die möglichst originalgetreu mit Einrichtungsgegenständen gefüllt sind, erkennt der Besucher, dass es sich bei den Bewohnern um so genannte "Kleinbauern" in kärglichen Verhältnissen handelte.
Das Wohn- und Stallgebäude ist in Ost-West-Richtung erbaut und vollständig in Holzblockweise erstellt. Das ursprünglich mit Holzschindeln gedeckte Dach ist nach Süden hin flacher, womit die Sonneneinstrahlung besser ausgenutzt werden kann und darüber hinaus im Winter das Schmelzen des Schnees auf dem Dach gefördert wird. Nach Norden wiederum fällt dasselbige steil ab, damit hier das Abrutschen des Schnees ermöglicht wird. 1923 wurde der Stall gemauert und auf der Westseite des Gebäudes ein gemauerter Querbau nach Süden errichtet, die so genannte Remise, deren gemauerter Teil ursprünglich auch als Stall genutzt wurde.

Der Hof war immer schon eine so genannte Sölde, ein Kleinbauernhof. 1853/54 wurde die Größe im Kataster mit 22,85 Tagwerk (1 Tagwerk = ca. 3.400 m²) angegeben. Die Besitzer des Hofes nahmen neben der Landwirtschaft die Funktionen des Mesners und des Gemeindedieners wahr, was einen geringen Zuverdienst in die bescheidene Haushaltskasse brachte.
In den 1920er Jahren gab es auf dem Bauernhof 5 Stück Großvieh und 5 Stück Kleinvieh. Ab den 1960er Jahren waren nur noch Hühner und Katzen auf dem Hof. Anna Seidel lebte die letzten zwei Jahrzehnte ihres Lebens alleine auf dem Anwesen.

Das Gebäude im Zustand vor der Restaurierung 1983.

In den einzelnen Räumen - im Hausgang, bayerisch: "Fletz", in der Stube, in der "Austragskammer", in der "Küch´", in der "Speis´", im Stall und in den Zimmern im Obergeschoss (Schlafzimmer und weitere Räume) - finden sich viele althergebrachte Einrichtungsgegenstände und hauswirtschaftliche Gerätschaften, die heute viele nicht mehr kennen.
Ältere Besucher fühlen sich an ihre Schulzeit erinnert, wenn sie vor der alten Schulbank stehen, in der sie selbst auch einmal saßen in Klassenräumen, in denen mehrere Jahrgänge gleichzeitig Unterricht erhielten.
Die Sammlung an alten "Sterbebildern" erzählt Auszüge aus Familiengeschichten. Die Bettflasche im elterlichen Schlafzimmer dokumentiert, wie kalt es in den Wintermonaten in diesem Raum gewesen ist.
In den Vitrinenräumen sind vielgestaltige Erinnerungsstücke aus den verschiedenen Zeitabschnitten der Entwicklung der Gemeinde ausgestellt.

 

Der Stadel dient heute geselligen Veranstaltungen.

Ein engagiertes "Museumsteam" des Fördervereins führt durch die Räumlichkeiten und das Anwesen und vermittelt den Besuchern dabei auf sehr anschauliche Weise die Lebensverhältnisse der damaligen Bewohner, erklärt die Funktionsweisen der heutzutage großteils unbekannten althergebrachten hauswirtschaftlichen Geräte und erzählt Interessantes aus der Geschichte der Bewohnerfamilie und der Gemeinde. Das Heimatmuseum ist jeweils am 2. Sonntag im Monat von 13:00 bis 17:00 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei. Bei Kaffee und Kuchen kommen regelmäßig hoch interessante Gespräche zustande.

Ein lohnender Besuch, der einen "eintauchen" lässt in die spannende Vergangenheit unserer Gemeinde.

Autor und Fotos: Michael Müller, Gemeindeheimatpfleger, April 2020

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