HEIMAT IST IM GESPRÄCH

Heimatpfleger Michael Müller eröffnete am 12. Januar 22 mit Silvia Engelhardt von der vhs Taufkirchen die gemeinsame Reihe "HEIMAT IM GESPRÄCH".

Zunächst wurde beleuchtet, was Heimat für jeden Einzelnen eigentlich bedeuten kann. Dabei wurde auf die individuelle Situation und Prägung des Einzelnen eingegangen. Als prägendes Element wurde auch die umgebende Landschaft, in Taufkirchen die noch vorhandenen Wiesen, Felder und Wälder, im bayerischen Voralpenland die zahlreichen Seen und faszinierenden Gebirgszüge beschrieben. Das Heimatverständnis wird ebenfalls beeinflusst durch die vor Ort und in der Region jeweils verbreiteten Baustile, vom bayerischen Dialekt, von Bräuchen und Traditionen.

Die Vorsitzenden von vier Traditionsvereinen stellten in dieser ersten Gesprächsrunde ausgeprägt anschaulich und lebendig ihre Vereine vor.

Helmut Rösch schilderte, ausgeschmückt durch etliches Bildmaterial, die traditionellen Veranstaltungen im Wolfschneiderhof. Ganz aktuell ging er auf den Besuch der Sternsinger am Dreikönigstag ein. Er berichtete vom beliebten Brauch des Faschingskranzls. Mit unterschiedlichen Musikantengruppen folgt jeweils im Frühjahr der Frühjahrshoagascht. Fester Publikumsliebling ist die traditionelle Johannidult. Im August locken dann Lampions viele Besucher in den weitläufigen Garten des ehemaligen Bauernhofs. Etabliert hat sich auch der Kirchweihnachmittag mit zünftiger Musi und Autorenlesung. Jeden Monat treffen sich die Freunde des Wolfschneiderhofs zum Stammtisch und außerhalb von Coronazeiten waren die Vereinsausflüge recht beliebt und immer gut besucht. Das Jahresprogramm schließt jeweils mit einer stimmungsvollen  Adventsfeier für die Mitglieder. Helmut Rösch erinnerte auch gerne an die erfolgreiche Volksmusikveranstaltung "Wirtshausmusi" mit Traudi Siferlinger. Schon zur guten Tradition ist auch der über die Grenzen der Gemeinde beliebte Starkbieranstich im Ritter-Hilprand-Hof geworden. Seit zwei Jahren bietet der Verein mit der Gemeinde auch die Volkstanzveranstaltung "Tanzboden" mit Tanzlmeisterin Renate Mayer an. Der Förderverein kümmert sich auch rege um das Museum und den liebevoll gepflegten Bauerngarten. Nach dem Erwerb des Anwesens durch die Gemeinde im Jahr 1983 und der Grundsanierung der Gebäude wurde der Verein 1986 aus der Taufe gehoben. Heute zählt er 230 Familienmitgliedschaften, was weit über 400 Personen entspricht. Vereinszweck ist die Erhaltung und Pflege des Wolfschneiderhofes, die Heimatpflege allgemein und die Unterstützung des Museums. Der Verein ist in guter Tradition auch vertreten bei der Fronleichnahmsprozession und der Gedenkfeier zum Volkstrauertag. Außerdem pflegt er gute Kontakte zu allen anderen Traditionsvereinen. Heuer soll es wieder einen Tanzboden und einen Starkbieranstich geben.

Ferdinand Huber stellte die älteste Vereinigung im Ort, die Krieger- und Soldatenkameradschaft Taufkirchen vor.
Entstanden 1874 nach dem deutsch-französischen Krieg als Veteranen- und Kriegerverein. Die Mitglieder setzten sich eine lange Zeit ausdauernd für die Errichtung eines Kriegerdenkmals in der Gemeinde ein. Ihre Bemühungen führte 1910 zur großen festlichen Einweihungsfeier. An dieser nahmen über 30 Vereinsabordnungen mit Fahnen und teilweise eigener Musikgruppe teil. Geschaffen hat das Denkmal der Münchner Metallbildhauer Hygin Kiene. 1942 benannte man sich um in Veteranen- und Kriegerkameradschaft. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Vereinigung 1954 durch Initiative des damaligen Bürgermeisters Hans Bücherl als Krieger- und Soldatenkameradschaft Taufkirchen wiedergegründet.
Jedes Jahr bietet die Kameradschaft einen sehr beliebten Vereinsausflug an und veranstaltet für die Mitglieder eine Weihnachtsfeier im Traditionsgasthaus Trenner. Im Mittelpunkt jeden Jahres steht die Durchführung der gemeindlichen Gedenkfeier zum Volkstrauertag. Ebenso gute Tradition hat die Teilnahme an der Fronleichnamsprozession.
Vereinszweck ist das ehrende Gedenken an die Gefallenen früherer Kriege. Ebenso werden die Liebe zur Heimat, das Traditionsbewusstsein, der Zusammenhalt und die Kameradschaft gepflegt. Ferdinand Huber steht dem Verein seit 2014 als 1. Vorstand vor. Er wies auf das anstehende beeindruckende 150-jährige Jubiläum im Jahr 2024 hin, für das die Vorbereitungen schon beginnen. Derzeit zählt die Vereinigung 49 Mitglieder. Weitere Interessierte, die die Traditionspflege der Vereinigung unterstützen möchten, sind herzlich eingeladen, mit Ferdinand Huber Kontakt aufzunehmen.

Schützenmeister Michael Müller präsentierte sehr lebendig die Schützengesellschaft "Fröhlicher Abend". 1881 wurde der Verein gegründet. Im Mittelpunkt steht das gemeinsame Hobby des Schießsports. Aber bereits der Vereinsname verdeutlicht, dass es auch um die Pflege von Gemeinschaftssinn und fröhlicher Geselligkeit geht. Müller stellte das rege Vereinsleben unter den Begriff "Schützenfamilie", aus dem sich etliche lebenslange Freundschaften entwickelt haben.
Neben der breiten Palette des Leistungssports, den der Verein betreibt, schießen zahlreiche Mitglieder auch zur "reinen Freude am Schießsport". Michael Müller stellte sehr engagiert heraus, was der Verein auf keinen Fall ist und auch nicht sein will: ein Schießclub, ein Cowboy-Verein oder eine Vereinigung von Waffennarren. Vielmehr geht es den Mitgliedern um Schießen als Sport und sinnvolle Freizeitbetätigung, die sowohl psychisch wie körperlich anspruchsvoll ist und eine hohe Konzentration erfordert. Neben der Teilnahme an Wettkämpfen im Schützen-Gau führt der Verein regelmäßig selbst so genannte Kranzlschießen durch. Beliebt sind auch die Vereinsausflüge. Die Teilnahme an der Fronleichnamsprozession und an der Gedenkfeier zum Volkstrauertag sind fixe Termine. Bei besonderen Anlässen schießt der vereinseigene Saltuschützenzug Salut. Dieser ist auch im zweijährigen Rhythmus dabei, wenn am letzten Wiesnsonntag zusammen mit den Böllerschützen am Fuße der Bavaria das Oktoberfest "ausgeschossen" wird.
Der Verein, dessen Aktivitäten zwangsweise während des 2. Weltkriegs zum Erliegen kamen, wurde 1972 wiederbegründet. Derzeit zählt er 144 Mitglieder mit einem Durchschnittsalter von 54 Jahren. Sehr intensiv wird die Jugendarbeit betrieben.

Julius Amereller berichtete begeistert und begeisternd vom Burschenverein "Frisch Auf".
Am 18. Januar 1893 hoben traditonsbewusste Burschen den Verein aus der Taufe. Bereits im Gründungsjahr 1893 wurden zwei Tanzbälle in der zur damaligen Zeit schon renommierten Tafernwirtschaft „Zum Stumpf“, dem heutigen Gasthaus „Trenner“, veranstaltet. Mit seinen zahlreichen Faschingsbällen, Kirchweih- und Kathreintänzen sowie sonstigen Feiern und Festen trug und trägt der Burschenverein rege zum gesellschaftlichen Leben im Dorf bei.
Die Tradition des Maibaumaufstellens pflegten die Burschen über die gesamte Dauer des Bestehens ihres Vereins, bis auf kurze Unterbrechungen, die letzte wegen der derzeitigen Corona-Pandemie. Trotzdem sind die vielgestaltigen Festivitäten rund um den Maibaum nicht aus dem Gemeindeleben weg zu denken.
Vor einigen Jahren ist es den Mitgliedern auch gelungen, sich hinter dem Wolfschneiderhof mit viel Eigenleistung und in Eigenregie endlich ein eigenes Vereinshaus zu errichten. Zurecht mit Stolz berichtete Julius Amereller von dem zupackenden Engagement "seiner Burschen". Im eigenen Vereinshaus treffen sich bei etlichen Gelegenheiten Jung und Alt aus dem Ort zum geselligen Zusammensein. Gegenwärtig auch massiv reduziert durch die pandemiebedingten Einschränkungen. Vereinszweck ist die Förderung des sittlichen Gesellschafts- und Gemeinsinns. Auch dieser Traditionsverein nimmt sowohl an der Fronleichnamsprozession wie an der Gedenkfeier zum Volkstrauertag teil. Derzeit zählt der Verein 60 Burschen als Mitglieder. Heiraten diese, endet ihre Mitgliedschaft. Natürlich nicht ohne, dass der scheidende "Bursche" feierlich und angemessen verabschiedet wird. Auch Mädels nehmen am regen Vereinsleben aktiv teil und sind, so Ammereller, natürlich herzlich willkommen. Er kündigte auch an, dass es heuer endlich wieder einen Maibaum geben soll.

Nach der Vorstellung der Vereine gingen die Teilnehmer im gemeinsamen Gespräch dem Thema Traditionspflege nach.

Jeder Einzelne schilderte sehr lebendig und nachvollziehbar, seine persönliche Motivation, sich in einem Traditionsverein zu engangieren. Allen gemein sind der vorhandene sehr ausgeprägte Gemeinsinn und die Freude, sich für und mit anderen zu engagieren. Die vier Vorsitzenden verbindet ebenso der Bezug zu Traditionen, Bräuchen und gemeinsamen Werten.
Gleichzeitig konnte bei allen deutlich die Offenheit für Neues wahrgenommen werden. Sehr eindrucksvoll war auch die übereinstimmende Botschaft, dass Interessierte mit offenen Armen willkommen sind. Die Vorsitzenden berichteten auch von den Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt, speziell bedingt durch die andauernde Pandemie.
Deutlich wurde ebenso, wie wichtig die persönlichen Begegnungen sind und der Austausch im Gespräch, auch um die Sichtweisen der anderen zu kennen und Verständnis bei anderen zu erreichen. Gerade die Traditionsvereine konnten durch ihren Einsatz spürbar zum Zusammenwachsen der einzelnen Ortsteile beitragen.

Als Resümee hob Heimatpfleger Michael Müller hervor, dass durch das in Taufkirchen dankenswerter Weise vielfältig vorhandene ehrenamtliche bürgerschaftliche Engagement die Gemeinde für viele eben auch zur Heimat geworden sei.

Die Gesprächsreihe wird nach diesem erfolgreichen Start fortgesetzt. Die Termine werden frühzeitig in den bekannten Veröffentlichungen angekündigt.

Foto: Der Burschenverein bringt mit dem Tanz um den Maibaum immer wieder die Gemeinde zusammen.
(Foto: Burschenverein)

2017 war die Schützengesellschaft mit eigenem Schießstand auf der Johannidult vertreten.
(Foto: Förderverein Freunde des Wolfschneiderhofes)

Der Vorgängerverein der heutigen Krieger- und Soldatenkameradschaft setzte sich für die Errichtung des Kriegerdenkmals ein. (Foto: Bayern-Kultur)

Die Siegertsbrunner Dorfmusikanten sind seit langem die "Stammbesetzung" beim beliebten Lampionfest.
(Foto: Förderverein Freunde des Wolfschneiderhofes)

Bericht: Michael Müller, Heimatpfleger, Januar 2022

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