"HOAMAT BEGEGNEN" Teil 4
Der 1. Mai ohne Maibaum?
Unser Burschenverein hattte schon alles sorgfältig vorbereitet: nach 5 Jahren sollte heuer ein neuer Maibaum an der Kirche St. Johannes der Täufer aufgestellt werden. Wachhütt´n waren schon organisiert, für den Tanz um den Maibaum waren Übungsstunden angesetzt und eine zünftige Feier im Festzelt war fix geplant.
Doch dann kamen Corona und all die daraus folgenden Einschränkungen. So musste letztendlich auch das Maibaumaufstellen für dieses Jahr schweren Herzens abgesagt werden. Der schöne Brauch selbst wird damit aber keinesfalls aufgegeben.
Vielleicht kann ich Ihnen mit dem nachfolgenden Beitrag ein wenig die Zeit verkürzen, bis auch bei uns wieder ein "Fruchtbarkeitsstangerl" in traditionellem Rahmen installiert werden kann.
Mit herzlichen Grüßen
Michael Müller
Gemeindeheimatpfleger
Abbildung: Tanz um den Maibaum in Taufkirchen, 2. Mai 2015;
Quelle: Burschenverein Fröhlich Frisch auf Taufkirchen e.V.
1898, im gleichen Jahr, in dem die Eisenbahnstrecke Giesing-Deisenhofen ihren Betrieb aufnahm, errichtete der 1893 gegründete Burschenverein Fröhlich Frisch auf Taufkirchen e.V. zum ersten Mal gegenüber der Pfarrkirche St. Johannes der Täufer einen Maibaum.
Bei einem "Maibaum" handelt es sich um einen geschmückten Baum oder Baumstamm, der in Bayern, im Rheinland, im Emsland, in Ostfriesland, in Nordrhein-Westfalen, in Franken, Baden, Schwaben und in der Pfalz, in Teilen Sachsens und in der Oberlausitz, aber auch in Tschechien und Slowenien am 1. Mai aufgerichtet wird.
Die Gestaltung der "Maibäume" ist regional und auch von Ort zu Ort recht unterschiedlich.
In weiten Teilen Bayerns wird dieser Brauch von den örtlichen Burschenvereinen durchgeführt.
Nach originaler bayerischer Tradition hat ein "richtig geschnürter" (bemalter) Stamm eine von unten links nach oben rechts gedrehte Spirale. Diese basiert auf den bayerischen Rauten, die wiederum den "bayerischen weiß-blauen Himmel" symbolisieren.
Die Ursprünge des Maibaumbrauchs gehen vermutlich auf germanische Rituale zurück, bei denen Waldgottheiten verehrt wurden. Im Rahmen späterer Christianisierung wurde das Aufstellen eines Brauchtumbaumes in unterschiedlichen Formen übernommen. In manchen Regionen auch in Form eines "Pfingstbaums".
Im Zusammenhang mit dem Erstellen eines Maibaums bürgerten sich auch Dorffeste, der Tanz um den Maibaum, das Stehlen fremder Maibäume und zu dessen Verhinderung " Wachhütt'n" ein.
Neben der Maibaum-Tradition gibt es noch eine Vielzahl von Mai- bzw. Frühlingsbräuchen.
Postkarte zur Maifeier um 1895;
entnommen: Wikipedia
So wurde über Jahrhunderte die Nacht vom 30. April zum 1. Mai als Walpurgisnacht begangen.
Dieser Brauch war hautptsächlich in Nord- und Mitteleuropa verbreitet. Abgeleitet war er von der Heiligen Walpurga, deren Heiligsprechung am 1. Mai gefeierrt wurde. Die Heilige Walpurga sollte vor Hexen beschützen und das mythologisch geltende keltische Fest Beltane als Mondfest in der Nacht des ersten Vollmondes zwischen der Frühjahrstagundnachtgleiche und der Sommersonnenwende ablösen.
Die Germanen feierten ein "Frühlingsfest" mit Freudenfeuern, so genannten "Walpurgisfeuern".
Von den sagen her gilt diese Nacht als der Zeitpunkt, an dem die Hexen zu einem Festtreffen zum Blocksberg (eigentlich: Brocken im Harz) flogen. Bis in unsere Tage werden diese alten Bräuche in Form des "Tanz in den Mai" fortgeführt, mit dem an vielen Orten der Anbruch der warmen Jahreszeit gefeiert wird.
Abbildung: Bloks Bergs Verrichtung, Johannes Praetorius, 1668;
entnommen: Wikipedia
Die Römer feierten im Mai die "Floralia", ein Fest zu Ehren der Blumen-Göttin Flora, einer Patronin des Frühlings und der Blumen. Da auf unserem Gemeindegebiet nachweislich auch Römer siedelten, können wir davon ausgehen, dass es auch bei uns solche Floraliafeiern gegeben haben wird.
Quellen:
- Burschenverein Fröhlich Frisch auf Taufkirchen e.V.
- Wikipedia
Autor: Michael Müller, Gemeindeheimatpfleger, April 2020