"HOAMAT BEGEGNEN" Teil 7

Kriegerdenkmal in Taufkirchen - Denk mal!

 Ursprünglich zur "Ehre" der Nation und der "ruhmreich" gefallenen Soldaten errichtet, haben sich die "Kriegerdenkmale" nach dem Zweiten Weltkrieg zu Gedenk- und Mahnstätten für die Opfer von Kriegen und Gewalt entwickelt. Insofern passt auch das "Kriegerdenkmal" in unserer Heimatgemeinde in unsere Zeit.
Als "Denkmal" soll es ja gerade zum Nachdenken anregen.
"Schauen" wir doch zusammen einmal näher hin...

Mit herzlichen Grüßen

Michael Müller
Gemeindeheimatpfleger

 

Das Kriegerdenkmal in Taufkirchen, 1910 errichtet, ist weit mehr als eine Bushaltestelle.
Foto entnommen: Bayern-Kultur.de

An der Ecke Tölzer Straße / Ritter-Hilprand-Straße steht eine Kriegerfigur in feldmäßiger Ausrüstung und heroischer Haltung auf einem doppelten Sockel. Sie erinnert an den Krieg 1866 und 1870/71.
Das Bayerische Denkmalamt hat das Kunstwerk für erhaltenswert erklärt. In der heutigen Form erscheint es seit der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Eingravierte vergoldete Buchstaben erinnern an die Soldaten aus der Gemeinde, die im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 gefallen waren.

Errichtet wurde das Denkmal 1910, also 40 Jahre nach dem damaligen Kriegsbeginn.

Der Autor August Koch berichtet in seinen "Heimaterinnerungen": "Die Krieger empfanden es immer mehr als ein dringendes Bedürfnis, auch in ihren Mauern ein Ehrenmonument zu besitzen".
Diese Einschätzung ist vor dem historischen Hintergrund zu sehen: 1868 setzte die neue Wehrverfassung die Wehrpflicht in Bayern in die Praxis um. Gemeinsam mit dem Streben nach der Reichseinigung führte dies zu vermehrten Gründungen von Kriegervereinen. Mit dem Sieg über Frankreich 1870/71 erlebte dann auch Bayern, dass sich die Kriegervereine zu einer Massenbewegung entwickelten. In Bayern wurde vermutlich der erste Kriegerverein 1786 in Aying gegründet.

Auf Betreiben des örtlichen Veteranen- und Kriegervereins wurde vor diesem Hintergrund die Errichtung eines Kriegerdenkmals angestoßen und schließlich gemeinsam mit der Gemeinde realisiert.
Im Juli 1910 feierten rund 30 Vereine mit Feldmesse, Musikkapelle und Königshymne die Weihe des Denkmals.
Geschaffen wurde die Bronzefigur von dem Münchner Metall-Bildhauer Hygin Kiene.

Als Vorbild nahm er sich dabei einen "bayerischen Jäger" (Soldat der bayerischen Infanterie zur damaligen Zeit).
"Jäger" steht in deutschsprachigen Streitkräften für eine "mit der Büchse bewaffnete, vorwiegend zum Einsatz im zerstreuten Gefecht bestimmte Truppengattung der Infanterie".
1631 wurde erstmals in der Landgrafschaft Hessen-Kassel eine solche Truppe aus ausgebildeten Berufsjägern und Förstern aufgestellt. Später folgte man diesem Beispiel auch in anderen deutschen Armeen.


Abbildung: Bayerische Infanterie 1870 (Tafel von Louis Braun);
entnommen: www.2empire.de

In Taufkirchen wäre die Bronzestatue beinahe den Nationalsozialisten zum Opfer gefallen - sie sollte zugunsten der Kriegsproduktion eingeschmolzen werden. Bürgermeister und Veteranen verteidigten sie jedoch im wahrsten Wortsinn "eisern", so dass die Statue erhalten blieb.

Heutzutage steht das Denkmal im Mittelpunkt der Gedenkveranstaltungen zum Volkstrauertag.
Der Volkstrauertag ist ein staatlicher Gedenktag. Seit 1952 wird er zwei Sonntage vor dem ersten Adventssonntag begangen. Mit ihm soll an die Kriegstoten und Opfer der Gewaltherrschaft aller Nationen gedacht werden.

In Bayern gehört der Volkstrauertag zu den sogenannten "stillen Tagen", an denen nach den Feiertagsgesetzen der einzelnen Bundesländer besondere Einschränkungen gelten. Diese sind von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. Am bekanntesten ist wohl das Tanzverbot am Karfreitag.

Der Volkstrauertag wurde 1919 vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge als Gedenktag für die gefallenen deutschen Soldaten des Ersten Weltkriegs vorgeschlagen und daraufhin 1925 eingeführt.

Das Taufkirchner Kriegerdenkmal ist einerseits Ausdruck des zu Zeiten seiner Errichtung verbreiteten Patriotismus und Ehrverständnisses und andererseits Erinnerung an die Gefallenen aus der Gemeinde. So zeigt uns das Denkmal zum einen auf, wie politische Verhältnisse und Entscheidungen das Leben der Einzelnen und das Bewusstsein der Gesellschaft prägen und beeinflussen, zum anderen wieviel Leid kriegerische Auseinandersetzungen und Gewalt in die Familien hinein getragen haben und bis heute tragen. Verbunden mit unzähligen Opfern, Entbehrungen und persönlichen Schicksalen.

Vor diesem Hintergrund passt das Kriegerdenkmal in unserer Gemeinde auch in die heutige Zeit.
Im besten Wortsinn stößt es ja an zum Gedenken und Nachdenken.

Quellen:


- August Koch, Kulturbilder aus dem Hachinger Tale; Gemeinde Taufkirchen 1985
- Deutscher Bundestag, Wissenschaftlicher Dienst
- Wikipedia
- Bayern-Kultur.de

 

Autor: Michael Müller, Gemeindeheimatpfleger, April 2020

 

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